13. Oktober 2025
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Locarno 2025: Deutscher Film feiert mehrfachen Triumph beim renommierten Festival

Locarno – Beim traditionsreichen Filmfestival am Lago Maggiore setzte sich der deutsche Film 2025 eindrucksvoll in Szene. Mehrere Produktionen wurden ausgezeichnet, darunter eine deutsch-österreichische Koproduktion, die sowohl Jury als auch Publikum tief bewegte. Neben Preisen überzeugten auch Themenvielfalt, künstlerischer Anspruch und das starke Festival-Statement zur Rolle des Films in unsicheren Zeiten.

Ein Festival mit Haltung: Locarno als Bühne für cineastische Relevanz

Das 78. Locarno Film Festival, das vom 6. bis 16. August 2025 in der malerischen Stadt Locarno in der Schweiz stattfand, bot erneut eine Bühne für internationale Filmkunst mit Tiefgang. Rund 22 deutsche Produktionen und Koproduktionen waren Teil des Programms – ein klares Zeichen für die gewachsene Bedeutung des deutschen Films im internationalen Wettbewerb. Besonders auffällig war die Haltung des Festivals selbst: künstlerischer Direktor Giona A. Nazzaro betonte mehrfach die Bedeutung des Kinos als Reflexionsraum für gesellschaftliche, politische und existentielle Fragen.

Das Festival legte 2025 seinen Fokus auf Filme, die sich mit Themen wie Identität, Verlust, Aufbruch und Tod auseinandersetzten. Deutsche Beiträge waren dabei besonders präsent – sowohl im Hauptwettbewerb als auch in Sonderkategorien wie Kurzfilm oder Piazza Grande.

Welche deutschen Filme waren beim Locarno Festival 2025 im Wettbewerb vertreten?

Drei deutsche Produktionen schafften es in den internationalen Hauptwettbewerb des Festivals:

  • „Phantoms of July“ (Originaltitel: Sehnsucht in Sangerhausen) von Julian Radlmaier
  • „Dry Leaf“ von Alexandre Koberidze
  • „Donkey Days“, eine deutsch-niederländische Koproduktion

Darüber hinaus liefen zahlreiche weitere deutsche Filme in Nebenreihen und auf der beliebten Piazza Grande, wo Filme unter freiem Himmel gezeigt werden – ein Alleinstellungsmerkmal des Festivals mit bis zu 8.000 Zuschauerinnen und Zuschauern pro Vorstellung.

„White Snail“: Der emotionale Höhepunkt

Den größten Erfolg unter deutscher Beteiligung feierte der Film „White Snail“, eine deutsch-österreichische Koproduktion von Elsa Kremser und Levin Peter. Der Film gewann gleich zwei bedeutende Auszeichnungen:

  • Den Spezialpreis der Jury, dotiert mit 30.000 Schweizer Franken
  • Den Leopard für die beste schauspielerische Leistung („Pardo for Best Performance“) für Marya Imbro und Mikhail Senkov

Der Film erzählt in eindrücklichen Bildern die Geschichte einer suizidgefährdeten belarussischen Frau und eines Leichenschauhaus-Mitarbeiters, deren ungewöhnliche Beziehung zwischen Einsamkeit und existenzieller Nähe changiert. Kritiker lobten vor allem die radikale Bildsprache und die glaubwürdigen Darstellungen: „Diese Figuren fühlen sich an wie aus dem echten Leben – roh, ehrlich, poetisch“, heißt es in einer Rezension.

Wer hat den Hauptpreis des Festivals – den Goldenen Leopard – bei Locarno 2025 gewonnen?

Der wichtigste Preis, der Goldene Leopard (Pardo d’oro), ging an „Two Seasons, Two Strangers“ des japanischen Regisseurs Sho Miyake. Der Film überzeugte durch seine stille Intensität und seine auf das Wesentliche reduzierte Bildsprache. Auch dieser Film reflektierte, wie viele andere Beiträge, innere Umbrüche und existenzielle Krisen.

Jury mit internationalem Profil

Über die Preisvergabe entschied eine hochkarätig besetzte Jury unter der Leitung des kambodschanischen Regisseurs Rithy Panh. Ihm zur Seite standen unter anderem die Schauspielerin Ursula Lardi, Produzentin Joslyn Barnes und Schauspiellegende Renée Soutendijk. Die Jury betonte bei der Preisverleihung das hohe Niveau und die Vielfalt der Beiträge, besonders im Hinblick auf neue filmische Erzählformen.

Wie hebt sich das Locarno Film Festival von anderen ab?

Während Cannes und Berlin für Glamour oder politische Statements stehen, gilt Locarno als das Autorenkino-Festival. Der Fokus liegt klar auf künstlerischer Relevanz, Entdeckungen und ästhetischer Vielfalt. Vor allem die legendäre Piazza Grande mit Open-Air-Vorführungen in historischer Kulisse verleiht Locarno seinen einzigartigen Charakter.

Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal: Die Preise für Schauspiel-Leistungen sind seit 2023 genderneutral. Statt je eines Preises für Beste Schauspielerin und Besten Schauspieler werden zwei Darstellende prämiert – unabhängig von Geschlecht.

Die Kraft des Films – politisch, ästhetisch und ökologisch

Auch abseits des Kinosaals setzte das Festival Zeichen. Es wurde ein umfassendes Nachhaltigkeitsprogramm umgesetzt, das den ökologischen Fußabdruck reduzieren und soziale wie ökonomische Aspekte ausbalancieren soll. Dazu zählen umweltfreundliche Anreisemöglichkeiten, lokale Lieferketten und integrative Festivalformate.

Festivaldirektor Giona A. Nazzaro betonte in einem öffentlichen Statement: „Kino ist nicht Unterhaltung, Kino ist Verantwortung. Wir leben in einer historisch beunruhigenden Zeit – das darf sich im Festivalprogramm widerspiegeln.“

Soziale Medien als Seismograf

Auch in sozialen Medien war die Resonanz spürbar. Der offizielle Instagram-Kanal des Festivals postete am letzten Tag emotional: „We hate to bring you this news, but today is the last day of #Locarno78.“ Die Kommentarspalten füllten sich mit Fotos, Danksagungen und Eindrücken aus elf Tagen voller Filmkunst, Diskussion und Begegnung.

Welche zusätzlichen Preise wurden 2025 für deutsche Filme bei Locarno vergeben?

Zusätzlich zu „White Snail“ wurde auch „Dry Leaf“ lobend erwähnt – eine Auszeichnung, die den Film in besonderer Weise hervorhebt. In der Sektion für Kurzfilme („Pardi di Domani“) war zudem der deutsche Film „Die Uniformierten“ von Timon Ott vertreten, der für den Pardino d’Oro nominiert war.

Weitere deutsche Highlights und Premieren

„Phantoms of July“ wurde von Kritikern für seine atmosphärische Dichte, seinen visuellen Stil im Super-16-Look und seine skurril-intellektuelle Erzählweise gelobt. Die International Cinephile Society schrieb, Regisseur Julian Radlmaier sei ein „Wunschkandidat für den cinephilen Thron“, und vergab vier von fünf Sternen.

„Donkey Days“, eine emotionale Familiengeschichte über zwei Schwestern, feierte ebenfalls Weltpremiere in Locarno. Auch wenn der Film leer ausging, wurde er von Publikum und Kritik als starke Bereicherung wahrgenommen.

Welche Eröffnungs- und Abschlussfilme hatte Locarno 2025?

Das Festival wurde auf der Piazza Grande mit dem französisch-armenischen Film „In the Land of Arto“ von Tamara Stepanyan eröffnet. Den Abschluss bildete der Film „Kiss of the Spider Woman“ in der Neuverfilmung von Bill Condon. Beide Filme bildeten einen ästhetischen Rahmen für ein Programm, das thematisch stark auf Introspektion und zwischenmenschliche Beziehungen ausgerichtet war.

Ein Festival mit Weitblick und Wirkung

Das Locarno Film Festival 2025 war mehr als ein Schaulaufen internationaler Produktionen – es war ein Ort der Haltung, der filmischen Innovation und des gesellschaftlichen Diskurses. Der deutsche Film hat dabei eine besondere Rolle gespielt: nicht nur quantitativ durch seine Präsenz, sondern vor allem qualitativ durch Tiefgang, Mut zur formalen Eigenständigkeit und glaubwürdige Darstellungen.

Mit Auszeichnungen wie für „White Snail“ oder lobenden Erwähnungen für Filme wie „Dry Leaf“ und „Phantoms of July“ zeigt sich: Die deutsche Filmszene hat 2025 ein deutliches Zeichen gesetzt. Und Locarno hat einmal mehr bewiesen, dass es die richtige Bühne für genau solche Zeichen ist.